Mutmaßlicher Entführer: Bekamen im Block-Hotel Alias-Namen

Fortsetzung Prozess wegen mutmaßlicher Kindesentführung
© Marcus Brandt/dpa

26. Verhandlungstag

Hamburg (dpa) - Die mutmaßlichen Entführer der Block-Kinder haben nach Angaben ihres Chefs im Hamburger Luxushotel der Unternehmerfamilie ohne Bezahlung wohnen und essen dürfen. «Es war ganz klar abgeklärt, dass wir nicht bezahlen müssen», sagte der 68-Jährige, der auf Englisch aussagte, nach Angaben einer Dolmetscherin als Zeuge im Landgericht.

Der Geschäftsführer, der nach eigenen Angaben ein israelisches Unternehmen für Cyber-Sicherheit leitet, soll die Entführung der beiden damals zehn und 13 Jahre alten Kinder weg vom Wohnsitz des Vaters in Dänemark in der Silvesternacht 2023/24 organisiert und durchgeführt haben.

Richterin gab rechtlichen Hinweis

Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt hatte an einem früheren Prozesstag einen rechtlichen Hinweis mit Blick auf den mitangeklagten Anwalt der Block-Gruppe gegeben. Der 63-Jährige könne auch wegen Untreue verurteilt werden, weil er die Anweisung gegeben haben soll, die Israelis über Wochen und Monate umsonst im Hotel zu beherbergen.

Dadurch sei der Elysée Hotel AG ein Schaden von mindestens 200.000 Euro entstanden. Christina Block könne in dieser Sache wegen Beihilfe oder Anstiftung verurteilt werden. Auch die Einziehung von Wertersatz sei bei einer Verurteilung möglich.

Der Chef des Sicherheitsunternehmens ist in dem aktuellen Prozess keiner der sieben Angeklagten. Er ist Beschuldigter und wurde bis kürzlich mit Haftbefehl gesucht. Für seine freiwillige Aussage sicherten ihm die Ermittlungsbehörden sicheres Geleit zu. Nach Aussage eines anderen Zeugen soll der 68-jährige Berufssoldat bei den israelischen Spezialkräften und Abteilungsleiter beim Geheimdienst Mossad gewesen sein.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen im Gericht

Es war der dritte Tag in Folge, dass der Zeuge unter hohen Sicherheitsvorkehrungen zu seinem Schutz aussagte. Die Fragen an diesem 26. Prozesstag stellte die Vorsitzende Richterin, andere Prozessbeteiligte kommen erst danach dran.

Hauptangeklagte ist die Hamburger Unternehmerin Christina Block. Ihr wird vorgeworfen, nach einem langen Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann den Auftrag zur Entführung gegeben zu haben. Die Tochter des Gründers der Steakhaus-Kette «Block House», Eugen Block, bestreitet das.

Nach ihren Angaben ging es bei dem ersten Treffen mit dem Chef der Sicherheitsfirma um das IT-System ihres Hotels «Grand Elysée». Die Cyber-Sicherheit des Hauses sollte getestet und verbessert werden. Bei der Entführung der Kinder habe die Firma auf eigene Faust gehandelt.

Einchecken unter Alias-Namen

Im Hotel checkten die mutmaßlichen Entführer unter Alias-Namen ein, wie der Zeuge bestätigte. Laut Anklage lauteten sie beispielsweise «Doris White» und «George Smith». Diese hätten sie sich nicht selbst ausgesucht, sondern seien auf den Umschlägen mit den elektronischen Schlüsseln vermerkt gewesen. «Diese Namen wurden nicht von uns ausgewählt. Ich weiß nicht, wer sie sich ausgedacht hat», sagte der 68-Jährige, der in Begleitung von zwei Anwälten erschien. Zum Gerichtssaal geleiteten ihn mindestens zwei weitere LKA-Beamte, die maskiert waren.

Der Zeuge berichtete, der mitangeklagte Anwalt der Block-Gruppe habe ihm geraten, mit seinem Team im Elysée-Hotel zu wohnen. In anderen Hotels wären sie sonst womöglich gefragt worden, wer sie seien. Der Anwalt habe ihm auch Schlüssel zu seinem Büro in der Altstadt gegeben und dem Team Räumlichkeiten in einer oberen Etage zur Verfügung gestellt.

Dort hätten die Israelis Informationen gesammelt und Daten recherchiert. Auch die Bilder von Kameras am Haus von Christina Blocks Ex-Mann in Dänemark seien dort ausgewertet worden. Für die Büroräume sei ihnen ebenfalls nichts in Rechnung gestellt worden - «nicht für den Kaffee oder sonst irgendwas».

Chatgruppe «Bring Kids Home»

An einer internen Chatgruppe mit dem Namen «Bring Kids Home» (Bringt die Kinder nach Hause) seien außer ihm und dreien seiner Mitarbeiter Christina Block und der Anwalt beteiligt gewesen. Alle Teilnehmer hätten nicht registrierte Handys und SIM-Karten bekommen.

Die Richterin konfrontierte den Zeugen mit Äußerungen aus den beschlagnahmten Chatprotokollen. «In dem Wissen, dass das Rechtssystem mir nicht helfen wird, die Kinder herauszubekommen, bin ich erleichtert, dass Sie jetzt tun, was getan werden muss, um für die Kinder Sorge zu tragen», lautete nach Angaben von Hildebrandt eine Nachricht von der Teilnehmerin «Christina». Christina Block sei zu der Zeit traurig und am Boden zerstört gewesen, sagte der Zeuge. Er und sein Team hätten alles machen wollen, um sie mit der Sammlung von Daten zu unterstützen.

Besonders intensiv fragte Hildebrandt zu angeblich geplanten Nachforschungen zu einer Hamburger Familienrichterin, die im Sorgerechtsstreit um die Kinder eine Rolle spielte. Die Amtsrichterin sei «schrecklich» und verzögere alles, soll Christina Block geäußert haben.

Zeuge hat Erinnerungslücken

Die Richterin ließ den Zeugen aus seinem beschlagnahmten Notizbuch einen Eintrag vorlesen, in dem auch die Richterin erwähnte wurde. Mindestens achtmal fragte Hildebrandt nach, was dieser Eintrag bedeute. Der Zeuge erklärte, er erinnere sich nicht. Hildebrandt hielt ihm auch einen Zettel aus seinem Notizbuch vor, auf dem die Namen von drei Journalisten notiert waren. Auch daran erinnerte sich der mutmaßliche Chef der Entführer nicht. 

«Nicht jede seiner Erinnerungslücken ist völlig nachvollziehbar», sagte Philipp von der Meden, der Blocks Ex-Mann Stephan Hensel vertritt, am Rande des Prozesses. «Wenn der Zeuge hier etwas tun will für sein eigenes Verfahren, dann wird er an der ein oder anderen Stelle noch mal etwas genauer nachdenken müssen.»

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Der mutmaßliche Organisator der Entführung sagt den dritten Prozesstag in Folge vor Gericht aus.© Marcus Brandt/dpa
Der mutmaßliche Organisator der Entführung sagt den dritten Prozesstag in Folge vor Gericht aus.
© Marcus Brandt/dpa
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Der Anwalt des Vaters der Block-Kinder, Philip von der Meden, rät dem mutmaßlichen Chef der Entführer, sich als Zeuge nicht zu sehr auf Erinnerungslücken zu berufen. © Marcus Brandt/dpa
Der Anwalt des Vaters der Block-Kinder, Philip von der Meden, rät dem mutmaßlichen Chef der Entführer, sich als Zeuge nicht zu sehr auf Erinnerungslücken zu berufen.
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Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt hat viele Fragen an den mutmaßlichen Chef der Entführer.© Marcus Brandt/dpa
Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt hat viele Fragen an den mutmaßlichen Chef der Entführer.
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Der Vater der Block-Kinder, Stephan Hensel, nimmt als Nebenkläger am Prozess gegen seine Ex-Frau teil.© Marcus Brandt/dpa
Der Vater der Block-Kinder, Stephan Hensel, nimmt als Nebenkläger am Prozess gegen seine Ex-Frau teil.
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Auch am 26. Verhandlungstag sind Unterstützer von Christina Block zum Landgericht gekommen. © Georg Wendt/dpa
Auch am 26. Verhandlungstag sind Unterstützer von Christina Block zum Landgericht gekommen.
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