Werkwohnungen liegen wieder im Trend

Kampf um Beschäftigte

Berlin (dpa) - Angesichts von Wohnungsnot und Fachkräftemangel werben Unternehmen einer Studie zufolge zunehmend mit Werkswohnungen um neue Mitarbeiter.

Von einzelnen Fallbeispielen, auf die man zufällig stoße, sei man inzwischen weit entfernt, sagte Arnt von Bodelschwingh, Geschäftsführer des Forschungs- und Beratungsinstituts Regiokontext, in Berlin. «Wir merken einen starken Anstieg der Zahlen vor allem in den letzten zwei Jahren.» Das Unternehmen hat einige in einer Studie für ein Verbändebündnis der Bau- und Wohnungswirtschaft untersucht und am Mittwoch vorgestellt.

Große Konzerne machen es vor

Allein im vergangenen Jahr habe Regiokontext schätzungsweise mindestens 60 neue Projekte in eine Datenbank aufgenommen. «Es gibt kaum ein Bundesland, in dem wir nicht auf irgendeine Berichterstattung zum Thema über konkrete Fallbeispiele gestoßen sind», sagte von Bodelschwingh.

Prominente Beispiele sind etwa die Deutsche Bahn, die in München 74 Wohnungen für Mitarbeiter neu bauen lässt, oder der Flughafen München. Der treibt das Thema bereits seit einigen Jahren voran. Im Jahr 2018 wurde ein Objekt mit 46 möblierten Wohnungen eingeweiht, in dem vor allem neue Beschäftigte von außerhalb für bis zu zwei Jahre unterkommen können. Auch BASF und VW setzen auf Mitarbeiterwohnungen.

«Es gibt eine gewisse Orientierung hin zu den industriellen Schwerpunkten und Zentren», sagte von Bodelschwingh, «da, wo große Arbeitgeber sitzen, dort wo «hidden Champions» sitzen, da finden wir das Thema verstärkt, aber es ist ein bundesweites Thema.»

Mehr als 15 und mehr Projekte zeige etwa die Datenbank für Bayern an. Auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gebe es zwischen 10 und 15 Beispiele. In Berlin wiederum seien inzwischen eine Handvoll Unternehmen bekannt, gar keine hingegen im Saarland sowie in Sachsen-Anhalt.

Werkwohnungen auch auf dem Land attraktiv

Doch vor allem auf dem Land können Werkwohnungen als Instrument dienen, junge Fachkräfte anzuziehen. Im ostwestfälischen Espelkamp entwickelt eine örtliche Aufbaugemeinschaft für Firmen entsprechende Projekte. In einer Umfrage im vergangenen Jahr bei unter 30-jährigen Beschäftigten, die dort arbeiten, aber woanders leben, gaben nur 14 Prozent an, sich einen Umzug nach Espelkamp vorstellen zu können. Der Anteil stieg auf 34 Prozent unter der Bedingung eines guten Wohnungsangebots. Zu den Ansprüchen gehöre allerdings auch «das Rundum-Sorglospaket», sagte Kundenmanager Alexander Lang: Kostenloses W-Lan etwa, oder die im Preis inbegriffene Reinigung mindestens des Treppenhauses.

Nicht immer bauen der Studie zufolge die Unternehmen selbst. Häufig beauftragten sie Dienstleister aus der Bau- und Wohnungswirtschaft, um ihnen entsprechende Angebote zu entwickeln und bereitzustellen. Doch die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt gelten in jeder Hinsicht auch für Werkwohnungen: Knapper Baugrund, hohe Baukosten und lange Genehmigungszeiten vor allem in den Ballungsgebieten.

Bis zu einem Drittel unter dem ortsüblichen Marktwert

Eine Rückkehr zu Mitarbeiterwohnungen im großen Stil sehen die Studienautoren aber nicht. «Von den einst 450.000 Werkswohnungen gibt es heute nur noch einen Restbestand», sagte der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, Ulrich Ropertz. «Die Unternehmen haben Wohnungen verkauft, sie wollten sich auf ihre Kernaufgaben beschränken.» Sie seien dabei auch dem allgemeinen Trend der Zeit gefolgt. «Es gab den Spruch «Deutschland ist zu Ende gebaut». Heute wissen wir, das war ein Fehler, das war falsch», meinte Ropertz.

Die Geschäftsführerin des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Ingeborg Esser, begrüßte steuerliche Vorteile, die seit Beginn des Jahres für Unternehmen gälten. Seither könnten sie für ihre Mitarbeiter Mietwohnungen bis zu einem Drittel unter dem ortsüblichen Marktwert anzubieten, ohne, dass die Beschäftigten dies als geldwerten Vorteil versteuern zu müssten.

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