Das Interview zur Bundestagswahl mit Christian Lindner

Der Spitzenkandidat der Freien Demokratischen Partei (FDP) im Interview mit uns. Hier könnt ihr euch das gesamte Interview anhören.

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Laschet als Kanzler immer noch wahrscheinlichstes Szenario

FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner hält weiterhin für möglich, dass Armin Laschet nächster Bundeskanzler wird. Im Interview mit den NRW-Lokalradios sagte er, dass dies immer "noch das wahrscheinlichste Szenario" sei. "Aber die Schwäche der Union vergrößert die Verantwortung der FDP", ergänzt der FDP-Chef. Dass seine Partei Teil der nächsten Regierungskoalition wird, "ist Ziel unserer engagierten Wahlkampfführung." Auf die Frage, ob er nach der Wahl Finanzminister sein wolle, sagt Lindner: "Wenn es die Gelegenheit zur Gestaltung gibt, dann wäre das mein Angebot, wo ich mich einbringen könnte."

Wie schon bei den vergangenen Bundestagswahlen so stellen sich auch im Wahlkampf 2021 die Spitzenkandidaten der momentan im Bundestag vertretenen Parteien im Interview den Fragen der NRW-Lokalradios. Den Auftakt der Interview-Reihe machte FDP-Chef Christian Lindner im Gespräch mit José Narciandi, Leiter des NRW-Landtagsstudios.

Zu der Situation in Afghanistan nach dem Abzug der Amerikaner sagt Lindner, dass man mit den Taliban weiter ein Gespräch über humanitäre Hilfe führen müsse und man "dringend einen EU-Sondergipfel der Regierungschefinnen und Regierungschefs brauche, um eine gemeinsame Afghanistan-Strategie zu besprechen. In den Nachbarstaaten von Afghanistan brauchen wir jetzt menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten für alle Menschen, die auf der Flucht sind. Denen kann man nicht zumuten, den weiten und gefährlichen Weg nach Europa zurückzulegen. Sie brauchen heimatnah eine Unterstützung", so der FDP-Chef. Auf die Frage, ob Deutschland in der Causa Afghanistan einen Grund hat, sich zu schämen, sagt Lindner: "Es hat den Anschein eines Regierungsversagens... Auch unsere Verbündeten in Europa waren schneller dabei, Rückflüge zu organisieren. Die Zögerlichkeit der deutschen Bundesregierung hat dazu geführt, dass wir Menschen zurückgelassen haben, die loyal gegenüber diesem Staat waren. Das muss aufgearbeitet werden", fordert er.

Lindner schützt NRW-Schulministerin Gebauer

Beim Thema Corona und der Frage nach einem neuerlichen Lockdown positioniert sich der FDP-Chef klar: "Wir haben Fortschritte beim Impfen gemacht. Da können wir noch Tempo aufnehmen. Wir sehen die Situation in den Krankenhäusern, die weit entfernt ist von Überlastung deshalb muss ein neuerlicher Lockdown ausgeschlossen sein." Auf die Frage, ob an Schulen die Quarantäne lockerer oder strenger gehandhabt werden sollte, erwidert Lindner, dass der FDP "das Grundrecht auf Bildung heilig ist". Die Vorschläge von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer "müsse man sehr ernst nehmen. Denn aus ihnen spricht ja die Sorge, dass neuerliche Lockdowns, Schulschließungen und Quarantäne ganzer Klassen die Schülerinnen und Schüler wieder weit zurückwerfen, ohne dass damit ein wirklicher Beitrag zum Gesundheitsschutz verbunden ist", so Lindner.

Zu dem mittlerweile berühmten Zitat nach den Koalitionsverhandlungen 2017 "Lieber nicht regieren, als falsch regieren" steht Christian Lindner heute noch: "Die FDP hat sich damals für ihre eigenen Überzeugungen und gegen individuelle Karrieremöglichkeiten entschieden. Und eine Partei muss es ja geben, die sich nach der Wahl noch an das erinnert, was sie vor der Wahl gesagt hat. Damals hatten Frau Merkel und die Grünen nicht vor, Ideen von der FDP aufzunehmen. Stattdessen so eine Art Linksschwenk unter Schwarz-Grün mit FDP-Unterstützung. Dazu mussten wir leider Nein sagen. Aber jetzt, in diesem Jahr 2021, können sich die Menschen eben genauso darauf verlassen, dass die FDP einer Verschiebung der politischen Koordinaten nach links nicht zustimmen wird..." In jeder Koalitionsoption müsse "jeder das Recht haben, auch eigene Punkte zu machen. Es sind unterschiedliche Parteien, also müssen sich alle auch wiederfinden. In diesem Jahr sieht Lindner für eine potenzielle Neuauflage der Gespräche einer Jamaika-Koalition "die gute Zusammenarbeit mit der CDU in Nordrhein-Westfalen als einen guten gedanklichen Ausgangspunkt". Dieses Mal "müsse man darauf achten, dass sich die Grünen nicht außenvor fühlen. Das ist die Lehre aus 2017."

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